Kurzmeldung aus der Ausgabe WiSe 2022/2023
von Felix Frank
Was lange währt, wird endlich gut? Bereits 2019 wurden im Bermuda-Dreieck und der unteren Bertoldstraße die ersten von insgesamt 16 Videokameras installiert. Ende Juli 2022 wurden diese nun von der Polizei in Betrieb genommen. An Wochenenden und vor Feiertagen übertragen sie zwischen 22 und 6 Uhr live in das Polizeipräsidium Freiburg. Dort erhofft man sich ein schnelleres Einschreiten, sollten sich Straftaten anbahnen. Aufgrund der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung ist das Land (nur) zur Gefahrenabwehr, nicht jedoch zur Strafverfolgung zuständig. Bürgermeister Stefan Breiter möchte durch die Kameras „das Sicherheitsgefühl der Freiburgerinnen und Freiburger stärken“.
Die Kritiker*innen wiederholen dagegen gebetsmühlenartig ihre berechtigten Einwände. So betont der Freiburger Jurist Prof. Roland Hefendehl, dass viele Straftaten von Emotionen geleitet sind. Kameras würden da nicht weiterhelfen, denn Menschen handeln in solchen Situationen nicht nach einer rationalen Kosten-Nutzen-Maxime. Auch zeige die Kriminologie, dass Videoüberwachung gerade nicht zu einem stärken Sicherheitsgefühl führt. Prof. Hefendehl kommentiert die Videoüberwachung daher gegenüber der Kontext- Wochenzeitung als „sinnfreien Aktionismus“.
Hinzu kommt, dass auch die Kriminalstatistiken den tiefgreifenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht rechtfertigen können. Die Polizei Freiburg veröffentlicht in einer Auswertung, die sich auf Januar bis November 2021 bezieht, folgende Zahlen: 6,25 % der Straßenkriminalität innerhalb Freiburgs würden im überwachten Bereich anfallen, der wiederum nur 0,15 % des Stadtgebietes ausmachte. Dabei bleibt jedoch außer Betracht, dass sich speziell am Wochenende und zu Nachtzeiten besondere viele Menschen im betreffenden Gebiet aufhalten. Ferner führt die Ausweisung als gefährlicher Ort zu einer Art selbsterfüllenden Prophezeiung: Strafbares Verhalten findet überall statt, doch es wird dort sichtbar, wo besonders danach gesucht wird. Was lange währt, wird endlich gut? Jedenfalls auf die Versuche von Polizei und Stadt, die Videoüberwachung zu rechtfertigen, trifft das nicht zu. Nach Informationen des akj Freiburg wurde bislang kein Rechtsschutz gegen die nun angelaufene Videoüberwachung gesucht. (FF)