Das Bundesverwaltungsgericht entschied am 15.06.2023 in zwei Revisionsverfahren zur Frage, inwiefern den Zimmern von Geflüchteten inSammelunterkünften rechtlicher Schutz zukommt. Es qualifizierte
explizit die Zweibettzimmer zwar als privaten Rückzugsort und damit als durch Art. 13 Abs. 1 GG geschützte Wohnung. Diesen Schutz schränkte das Gericht jedoch sogleich ein, indem es im polizeilichen Betreten der Räumlichkeit zum Auffinden und Ergreifen deren Bewohners aufgrund der Überschaubarkeit des Zimmers keine Durchsuchung im Sinne des Art. 13 Abs. 2 GG sah. Ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss ist hiernach für das Betreten besonders kleiner Wohnungen und Zimmer in Geflüchtetenunterkünften regelmäßig nicht erforderlich. Stattdessen ist ein Betreten nach Art. 13 Abs. 7 GG bereits dann erlaubt, wenn eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht. Eine solche dringende Gefahr, d.h. eine Gefahr für ein hochrangiges Rechtsgut, sahen die Richter:innen bereits darin begründet, dass der Betroffene zeitnah in
das nach der Dublin-Verordnung für seinen Asylantrag zuständige Italien überstellt werden sollte. Auch der zweite verhandelte Antrag zur Normenkontrolle der Hausordnung der LEA Freiburg, die u.a. anlasslose Taschen- und Zimmerkontrollen ermöglichte, blieb ohne Erfolg. Das Gericht verneinte bereits die Zulässigkeit des Antrags: Weil die Hausordnung nach Antragstellung geändert wurde und damit in ihrer angegriffenen Form außer Kraft trat und außerdem die Antragstellenden in der Zwischenzeit an anderen Orten lebten, lehnte das Gericht ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Hausordnung ab. Es verwies die Antragstellenden auf den deutlich beschwerlicheren Weg der Klage gegen auf Basis der Hausordnung ergangene Einzelmaßnahmen. Durch diese Einschränkung wird es typischerweise nur vorübergehend in Sammelunterkünften wohnenden Geflüchteten deutlich erschwert, effektiv Rechtsschutz gegen rechtswidrige Hausordnungen zu suchen.
Begleitend zur Gerichtsverhandlung fanden Protestkundgebungen gegen dieUnterbringung von Geflüchteten in Lagern statt. Der Kläger des ersten Verfahrens kündigte bereits eine Verfassungsbeschwerde gegen die ergangene Entscheidung an. (AH)